room for humour
Press Archive 1996
Fürther Nachrichten, 1996, REGINA URBAN
Wie ein Blick ins Märchenbuch
Galerie ZAK zeigt naive Malerei aus Tanzania – In der Tradition des großen Mythos Eduardo Saidi Tinga Tinga
Er gilt als Meister der naiven Malerei und als einer der großen Pioniere der modernen afrikanischen Kunst. In leuchtenden Farben und plakativen Formen ließ er den afrikanischen Kosmos – Tiere, Menschen, Mythen – lebendig werden. Vor 24 Jahren wurde der tanzanische Künstler Eduardo Saidi Tinga Tinga von einer Polizeistreife im Zentrum von Dar es Salaam erschossen. Obwohl er bis dahin nur eine einzige Ausstellung gezeigt hatte, entwickelte sich der Maler, der gerade 35 Jahre alt geworden war, nach seinem Tod zu einem Mythos. Die Tinga-Tinga-Malerei gehört heute zu den bedeutendsten Kunstrichtungen des schwarzen Kontinents.
Sieben Vertreter dieser Schule sind jetzt in der ZAK-Galerie zu sehen. Die Werke von „Tinga Tingas Erben“, so der Titel der Ausstellung, wurden von dem Fürther Arzt und Afrikakunstsammler Bernd Kleine-Gunk nach Deutschland geholt. Flächig, ohne perspektivischen Blick und reich mit Ornamenten verziert, eröffnen sie das bunte Universum einer exotischen Tierwelt – für europäische Augen wie ein Blick in ein Märchenbuch, das von Elefanten, Giraffen, Flußpferden, Gnus, Pfauen, Schmetterlingen, Pelikanen, Papageien, grellfarbenen Fischen bevölkert wird.
Leiser Humor
Hinzu kommen Szenen aus dem afrikanischen Alltag: Menschen bei der Feldarbeit, beim Zubereiten einer Mahlzeit, die Rückkehr der Männer von der Jagd. Die Bilder erzählen Geschichten und ziehen den Betrachter durch diesen inhaltlichen Reichtum, durch naiven Charme und einen leisen Humor in ihren Bann.
Dabei intendieren die Tinga-Tinga-Maler keineswegs die unkritische Darstellung einer heilen Welt. Ganz im Sinne ihres Meisters bringen sie ein Stück ursprüngliches Afrika und kulturelle Behauptung zum Ausdruck. Indem sie den heute von Hungersnöten geschüttelten Kontinent mit einer Zeit konfrontieren, in der der Mensch mit seiner Umwelt noch im Einklang lebte, sind die Arbeiten durchaus auch als Gesellschaftskritik zu verstehen.