room for humour
Press Archive 1998
Fürther Nachrichten, 1989, REGINA URBAN
Die Absurditäten des Alltags
Cartoon-Ausstellung von Gerd Bauer und Andreas Floris - Satirischer Blick auf menschliche Eitelkeiten
Ein ganz schön skurriler Bilderreigen begegnet dem Besucher derzeit im Foyer des Stadttheaters. Unter dem Titel „Deine Wahrheit, meine Wahrheit“ hat die Art-Agency Hammond mit Gerd Bauer und Andreas Floris zwei Cartoonisten zusammengebracht, die den Wahnsinn des Lebens mit spitzer Feder entlarven. Wobei der eine, der gebürtige Budapester Floris, phantastische Alptraumszenarien entwirft, der andere, der in den regionalen Medien vielpräsente Gerd Bauer, in Comicstrip-Manier den Absurditäten des Daseins nachspürt.
Vor allem der Menschheitstraum vom Fliegen hat es Floris offensichtlich angetan. Seine mit feinem Strich gezeichneten Aquatinta-Radierungen zeigen skurrile Piloten, die auf Fabelwesen über unwirklichen fränkischen Stadtlandschaften durch nächtliche Himmel reiten. Auf Nachtgigern und in Schneckenballons kommen sie angeflogen oder sind im gemeinen Rollentausch selbst zum Propellerflugzeug mutiert, das weiße Tauben durch die Lüfte transportiert. Gleichermaßen witzig wie düster sind diese Karikaturen die zuweilen an Gothic-Horrorszenarien mit modernen Zutaten erinnern.
Auch anderen Arten der menschlichen Fortbewegung spürt Floris nach – etwa dem Skifahren. Mit Turboantrieb und Rückspiegel kommen seine rasenden „Pistenfüchse“ daher. Dass sich dahinter auch Fortschrittskritik verbirgt, wird vor allem in den älteren Arbeiten aus den 80iger Jahren deutlich. Die Arche Noah, die über einer ausgedörrten Vorstadtwüste heransegelt, die sich in schreiender Anklage erhebende Baumwurzel oder der zur verkrümmten Gichthand mutierte tote Baum sind Mahnmale für die bedrohte Natur. Und auch der Mensch wird zum Opfer des modernen Lebens: in „Family Life“ ist eine zu Fernsehstühlen mutierte Familie im bläulichen Widerschein vor dem heimischen Guckkasten erstarrt.
Zwischen Schmunzeln und Schaudern lässt Floris den Betrachter sich bewegen. Die dichte Farbigkeit, der ausgeprägte Sinn für Licht und Schatten und die oft akribische Detailtreue verleihen den Bildern dabei einen ganz geschlossenen Charakter, machen sie zu merkwürdig isolierten Szenen einer entrückten und doch lebensnahen Welt.
Böse Bildergeschichten
Die menschlichen Eitelkeiten nimmt auch Gerd Bauer aufs Korn. Allerdings sind seine Bilder keine alptraumhaften Visionen wie bei Floris, sondern in schönster Comic-Manier gezeichnete kleine Bildergeschichten, die selbst dann noch schmunzeln lassen, wenn sie die Perfidien des Alltags ganz böse und drastisch illustrieren. Von Weihnachten und den Auswüchsen der Genforschung erzählen seine auf schlichten grauen Karton geklebten Cartoons, von Wüstenpiraten und sadistischen Polizisten. Eine Kuh läutet BSE-Alarm im Dachgestühl, die gerupfte Weihnachtsgans liegt aufgebahrt auf dem weißen Tischtuch, zwei Polizisten halten sich über einem totgestochenen Clown die Bäuche vor Lachen.
Zum Teil mit Spruchblasen versehen, sind Bauers Zeichnungen ebenso makabre wie treffende Zeitkommentare. Der gebürtige Bamberger zeigt, wie grausam und dumm der Mensch sein kann, doch tut er das nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern mit lakonischem Spott und selbst tausendfach variierte Slapstick-Szenen, wie die mit den zwei Steinzeitschützen, die mit Pfeil und Bogen einen Monstervogel vom Himmel holen und unter ihm begraben werden, gelingen ihm so frisch und liebenswert und witzig, dass man es einfach köstlich finden muss.
Bauers Zeichenkunst und auch seine Art der Parodie haben bisweilen loriothafte Züge. Ein Meister seines Fachs, der mit Tusche, Filzstift und Marker die stillen Qualen der Kreatur ebenso spitz-humorig seziert wie die großen Tragödien.